Bei der Schnittentbindung – dem so genannten Kaiserschnitt – wird das Baby auf operativem Weg aus der Gebärmutter geholt. Die Gründe für einen Kaiserschnitt sind vielfältig und meist erfolgt er auf Rat des Frauenarztes. Baby Guide sprach mit Dr. Andreas Nather, Facharzt für Gynäkologie und Geburtshilfe, Ärztlicher Leiter Woman & Health
Wie wird eine Schnittentbindung durchgeführt?
Der klassische Kaiserschnitt wird in Spinalanästhesie (Kreuzstich) durchgeführt, sodass die Patientin ab dem Oberbauch zwar schmerzfrei, aber nicht ganz gefühllos (Druck wird empfunden) ist. Nach Desinfektion der Bauchdecke wird diese schichtweise eröffnet, dabei wird möglichst wenig geschnitten zumeist das Gewebe stumpf mit den Fingern gelöst, aufgezogen und gedehnt.
Im Bauchraum selbst wird die Gebärmutter im unterem Drittel quer eingeschnitten und dann wiederrum mit den Fingern ausgedehnt. Der führende Kindsteil (Kopf oder Steiß) wird vom Geburtshelfer ertastet und mit der Hand umfasst, unter Druck auf dem Bauch durch den assistierenden Gynäkologen wird dann dieser führende Kindsteil aus der Gebärmutter herausgehoben. Nach Entwicklung des ganzen Kindes, wird dieses abgenabelt und an den dann zumeist anwesenden Kinderarzt zu einem ersten Check übergeben. Danach kann das Neugeborene auch sofort von den Eltern gesehen werden und verbleibt meist auch einige Zeit bei der Mutter. Vom Gynäkologen wird nun die Plazenta entfernt und auch Vollständigkeit überprüft, danach wird die Gebärmutter meistens mit einer einschichtigen Naht wieder zugenäht. Dann überprüft der Gynäkologe die Organe im kleinen Becken, achtet darauf, dass keinerlei Blutung mehr besteht. Je nach Methode wird dann das Bauchfell (eine dünne Schleimhaut die den Bauchraum auskleidet) verschlossen oder offen gelassen und dann die Facie (die straffe Bindegewebsschicht die den Bauchraum verschlossen hält) zugenäht. Nach zumeist einigen Nähten im Unterbauchfettgewebe wird die Haut mittels einer dünnen fortlaufenden, sogenannten Intracutannaht verschlossen, sodass letztendlich nur mehr ein strichförmiger, etwa 10 cm langer Narbenbereich zurück bleibt. Diese Naht kann selbst auflösend sein, ich persönlich ziehe nicht auflösendes Nahtmaterial vor, dieses wird 6 Tage nach der Operation schmerzlos entfernt.
Welche Gründe gibt es für einen geplanten Kaiserschnitt?
Der Grund für einen geplanten Kaiserschnitt kann sowohl eine mütterliche oder kindliche Risikosituation sein. Neben Lageanomalien des Kindes (z.B. Beckenendlage – das Kind liegt mit dem Popo nach unten) können auch hohes im Ultraschall geschätztes kindliches Gewicht, bzw. ein Missverhältnis zwischen Kopf des Kindes und Becken der Mutter, oder sehr niedriges kindliches Gewicht mit Minderversorgung des Babys, sowie Probleme die Plazenta betreffend, einen Kaiserschnitt notwendig machen. Auch Voroperationen an der Gebärmutter stellen häufig eine Indikation für eine Schnittentbindung dar, ebenso Frühgeburten in frühen Schwangerschaftswochen.
Warum gewinnt der „Wunschkaiserschnitt“ für viele Frauen immer mehr an Bedeutung?
Die werdende Mutter sollte meiner Meinung nach über den für sie passenden Geburtsmodus frei entscheiden dürfen. Abgesehen von den Gründen die ohnehin einen Kaiserschnitt notwendig machen, entscheiden sich immer wieder Frauen für sogenannte Wunschkaiserschnitte, da sie Wehentätigkeit oder Geburtsverletzungen fürchten, eventuell schon selbst negative Erfahrungen gemacht haben, oder einfach nur eine geplante, vorhersehbare Geburtssituation wünschen.
Wann entscheidet man sich für einen Notkaiserschnitt?
Ein Notkaiserschnitt wird als Akuteingriff während laufender Geburt bei hohem mütterlichem oder kindlichem Risiko durchgeführt. Das heißt wenn besondere Eile zur Sicherheit beider geboten ist. Dabei sollte die Zeit zwischen Entscheidung zum Notkaiserschnitt und der Entwicklung des Kindes möglichst kurz gehalten werden –die im Idealfall wenige Minuten betragen.
Welche Betäubung kann man beim geplanten Kaiserschnitt wählen?
Der Kaiserschnitt wird meist in Spinalanästhesie (Kreuzstich) durchgeführt, in Ausnahmefällen ist auch eine Vollnarkose notwendig.
Dürfen Ehemann oder Partner beim geplanten Kaiserschnitt dabei sein?
Wir nehmen sehr gerne die Partner auch in den OP mit, für diese ist die Situation zumeist ebenso aufregend wie für die werdende Mutter. Auch beim Kaiserschnitt sollte die Geburt des Kindes möglichst miterlebt werden können.
Für mich ist es wichtig auch den Partner in diese so wichtige und lebensentscheidende Situation begleiten und einbinden zu können.
Welche Komplikationen und Spätfolgen können beim Kaiserschnitt auftreten?
Prinzipiell muss man davon ausgehen, dass es sich beim Kaiserschnitt um eine Bauchoperation handelt. Diese wird routinemäßig mit großen Sicherheitsvorkehrungen durchgeführt, dennoch kommen – wenn auch extrem selten – Verletzungen von Darm, Harnblase oder Harnleiter vor. Ebenso selten kann es in den Tagen nach der Operation zu Nachblutungen kommen. Diese erfordern im schlimmsten Fall auch eine nochmalige Nachoperation – Revision.
Eher seltener als bei normalen Geburten kommen Plazentareste, welche gegebenenfalls auch eine Nachcurretage erforderlich machen, vor. Stärkere Verwachsungen oder verstärkte Narbenbildung sehen wir eher selten.
Welche Unterschiede gibt es beim Kaiserschnitt im Vergleich zur „normalen“ Geburt bezüglich Geburtserlebnis und die Stunden danach?
Das Geburtserlebnis wird meiner Meinung nach sehr unterschiedlich empfunden. Für die eine Frau ist der geplante Ablauf und die größtmögliche Sicherheit wie bei einem Kaiserschnitt einfach wichtiger, andere Frauen bevorzugen eine möglichst natürliche Geburt, wie gesagt: Es gibt kein Richtig oder Falsch. Die werdende Mutter muss selbst entscheiden was der für sie bevorzugte Weg ist. Am unangenehmsten und psychisch belastendsten werden Akutkaiserschnitte empfunden.
Die Stunden danach können bei einem Kaiserschnitt teilweise aufgrund der Immobilität noch etwas eingeschränkt empfunden werden. Bezüglich Schmerzsymptomatik hängt das Empfinden immer von der jeweiligen Situation ab. Auch schwerere Geburtsverletzungen bei vaginaler Geburt können das Wohlbefinden deutlich beeinflussen.
Durch moderne Schmerztherapie kann jedoch sowohl beim Kaiserschnitt als auch bei der vaginalen Geburt zumeist eine zufriedenstellende Schmerzlinderung erzielt werden.
Aufgrund der wesentlich rascheren Entbindung beim Kaiserschnitt findet man hierbei gelegentlich sogenannte Anpassungsstörungen. Das heißt: Da das Kind, nicht wie bei der normalen Geburt , eigentlich weniger Stress ausgesetzt wird, kann in den ersten Minuten die Atmung etwas eingeschränkt sein. Zu aller meist ist dies durch Sauerstoffgabe, durch den anwesenden Kinderarzt völlig problemlos zu beherrschen.
Aus geburtshilflicher Sicht ist sowohl für Mutter als auch für Kind immer der Weg der größtmöglichen Sicherheit zu gehen.
Mit welchen Schmerzen hat die junge Mutter nach der Geburt zu rechnen?
Sowohl beim Kaiserschnitt als auch bei vaginaler Geburt kann es postpartal zu Schmerzen kommen. Beim Kaiserschnitt klarerweise durch die Operationswunde, bei der vaginalen Geburt durch eventuell entstandene Geburtsverletzungen. Beides ist durch Schmerztherapie so gut therapierbar, dass werdende Mütter vor der Entbindung (wie auch immer sie durchgeführt wird) keinerlei Angst haben müssen.
Warum führt ein vorangehender Kaiserschnitt häufig zu einem neuerlichen Kaiserschnitt und wie oft kann so eine Schnittentbindung wiederholt werden?
Einerseits kommt es vor, dass der Grund der letztlich zu einem Kaiserschnitt geführt hat auch in der Folgeschwangerschaft bzw. während der Geburt wiederum auftritt.
Andererseits ist natürlich nach vorhergehender Schnittentbindung die Gebärmutterwand durch die Narbenbildung im Bereich der alten Sectionarbe geschwächt. Die Gefahr, dass diese Narbe unter der Wehentätigkeit reißt, wird in den Studien mit einem Prozentsatz 01-05% angegeben.
Diesbezüglich müssen die Patientinnen von uns natürlich aufgeklärt werden, viele entscheiden sich aufgrund des Risikos einer Ruptur zu einem zweiten Kaiserschnitt.
Auch ist der Einsatz von Wehenmitteln oder Prostaglandinen zur Geburtseinleitung nach vorangegangenem Kaiserschnitt äußerst limitiert.
Wie häufig ein Kaiserschnitt bei einer Patientin durchgeführt werden kann, muss individuell entschieden werden. Drei bis vier Kaiserschnitte sind keine große Seltenheit.