China ist aufgrund seiner Größe und seiner uralten Kultur und deren Traditionen ein Land, das eine Welt für sich darstellt. Die fernöstliche Medizin unterscheidet sich grundlegend von der westlichen Schulmedizin, obwohl in unseren Breitengraden die Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) sowohl in der Heilung von Krankheiten als auch in der Vorsorge immer mehr an Bedeutung gewinnt.
In der gesamten Lehre der TCM spielt die Ernährung nach den 5 Elementen Wasser, Feuer, Holz, Erde und Metall eine zentrale Rolle. Diese stehen wiederum mit allen Organen im Körper in enger Verbindung. Nur wer sich dementsprechend richtig ernährt, kann die volle Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Organe erzielen und Krankheiten heilen oder deren Entstehung verhindern.
Für werdende Mütter, deren Körper besonderen Anforderungen unterliegt, ist eine achtsame Pflege und Ernährung besonders wichtig, um das gute Gedeihen der Mutter und des ungeborenen Kindes zu gewährleisten.
Die Zeit der Schwangerschaft
Laut TCM wird der Fötus vom Blut und der Essenz der Mutter genährt. Für den Erhalt der Schwangerschaft ist vor allem das so genannte Durchdringungsgefäß chong mai zuständig. Der Herzmeridian kontrolliert die Gesamtheit der Organe, der Dünndarm ist nach der Geburt für die Milchproduktion zuständig. Im ersten Monat der Schwangerschaft ernährt die Leber-Leitbahn das Ungeborene im Mutterleib.
Bei der Behandlung von Beschwerden in der Schwangerschaft geht es darum, das aus den Fugen geratene energetische Gleichgewicht zwischen Yin und Yang wieder herzustellen. Yin steht dabei für das nährende weibliche, Yang für das aktive männliche Lebensprinzip; nur wenn beide im Gleichgewicht sind, ist Gesundheit möglich. Dieses Prinzip der Ausgeglichenheit gilt auch für alle anderen Lebensbereiche.
Nahrung ist das Lebenselixier und bildet die Grundlage für Wohlbefinden und Gesundheit. Daher ist die richtige Ernährung in der Schwangerschaft der Schlüssel für die Gesundheit von Mutter und Kind. Blut und Essenz der Mutter werden in der Schwangerschaft gebraucht um das Kind zu nähren, es kann daher leicht Blutmangel und Hitze entstehen. Nahrungsmittel, die Hitze erzeugen und austrocknen, sind in dieser Zeit nicht geeignet. Dazu zählen z.B. Alkohol, trockener Ingwer, roher Knoblauch und scharfe Gewürze wie Pfeffer, Zimt und Chili. Da der Fötus vom Blut der Mutter ernährt wird, ist besonders darauf zu achten, dass die Ernährung die Blutbildung der Schwangeren fördert. In der Schwangerschaft muss die Mitte des Körpers unterstützt werden, die durch die Organe Magen und Milz dargestellt werden. Die Milz wird durch eher warme, nährende und weniger durch kalte und rohe Nahrungsmittel unterstützt. Die Mahlzeiten sollten leicht und gut verdaulich sein. Besser ist es, Gekochtes zu essen und auf Rohes zu verzichten, weil rohe Lebensmittel mehr Verdauungsfeuer zur Verbrennung benötigen, da sie als thermisch kalt gelten.
Wichtig ist auch, dass die Speisen frisch zubereitet werden, weil frische Nahrungsmittel mehr „Qi“ (Energie) besitzen, welches essentiell für die Bildung von Blut ist. Gefrorenen Lebensmittel oder nach dem Kochen eingefrorene Speisen verlieren an Qi. Wenn die Frau Übelkeit während der Schwangerschaft durchmacht, liegt das meist an einer Blockade des Magen-Qi, das nicht mehr ungehindert nach unten fließen kann sondern nun nach oben steigt. Grund dafür ist die Einnahme von kalten, gefrorenen Speisen oder Getränken, von Stress, Überanstrengung oder emotionaler Unruhe. Sobald alle diese Faktoren ausgeschaltet sind, legt sich auch die Übelkeit. Generell geht man davon aus, dass alles, was die werdende Mutter während ihrer Schwangerschaft sieht, fühlt oder erlebt Auswirkungen auf das Kind im Mutterleib hat. Der Geist der Mutter ist mit ihrem Herzen verbunden, welches wiederum für die Versorgung des Fötus mit mütterlichem Blut zuständig ist und alles, was die Mutter erlebt beeinflusst auch das Kind.
Zu vermeiden sind aber nicht nur schädigende Einflüsse durch schlechte oder traurige Gedanken oder eine unausgewogene Lebensweise; viele Schwangere fürchten ganz banale Dinge wie alltägliche Umweltbelastungen und tragen daher einen Strahlenschutz um den Bauch, um sich gegen schädlichen Elektrosmog aus Handygeräten und Computern zu schützen.
Die Geburt – ein Familienereignis
In China ist eine Geburt ein besonderes Geschehen, an dem die ganze Familie großen Anteil nimmt. Die werdende Mutter wird von unzähligen Verwandten ins Krankenhaus begleitet. Meist wird in China die Geburt mittels Kaiserschnitt vollzogen, weil das gewählte Datum eine Bedeutung für die Zukunft des neuen Erdenbürgers hat. Wenn eine Frau erst gegen Ende zwanzig schwanger wird, gilt sie als späte Mutter.
Ihren Knochen wird dann nachgesagt, nicht mehr genug Elastizität für die Strapazen einer vaginalen Geburt zu haben, daher ist auch eine Mutterschaft in den späteren Zwanzigern und den Dreißigern eine Indikation für einen Kaiserschnitt. Sobald die frischgebackene Mutter ihr Baby im Krankenhaus bei sich hat, um es im idealen Fall zu stillen, weichen Verwandte und Freunde nicht von ihrer Seite. Im Gegensatz zur westlichen Gepflogenheit, wo Mütter mit vielen Blumen allein in Stille sich selbst überlassen werden, kümmert man sich in China liebevoll um die Mutter. Sie wird umsorgt, mit nahrhaftem Essen versorgt und aufgeheitert. Nach den Strapazen der Geburt ist das genau das richtige, um ihr Kraft und Zuversicht für die kommende anstrengende Zeit mit einem Baby zu geben. Diese liebevolle Zuwendung in den ersten Tagen verhindert, dass die junge Mutter in eine Wochenbettdepression verfällt, eine psychische Störung, die bei uns weit verbreitet aber in China kaum bekannt ist.
Der goldene Monat
Die ersten vierzig Tage nach der Geburt verbringen Mutter und Kind zu Hause in ruhiger und warmer Abgeschiedenheit, fernab aller Verpflichtungen und der Hektik der Außenwelt. Im ersten Monat nach der Geburt sind die Frauen von allen Verpflichtungen entbunden. Sie können sich zurückziehen und sind ausschließlich mit dem Stillen des Babys und der eigenen Nahrungsaufnahme beschäftigt. Viele duschen nicht ein einziges Mal in dieser Zeit. Auch die Haare werden nicht gewaschen, manche Frauen lassen sich die Haare kurz schneiden, um deren Pflege so unaufwendig wie möglich zu machen.
In dieser Zeit sollten sich Mutter und Kind so gut wie keinen äußeren Einflüssen aussetzen, vor allem Kälte und Wind, denn der Körper ist noch geschwächt und anfällig für Krankheiten. Andererseits wird dieser besonderen Zeit nach der Geburt auch nachgesagt, übergroße Heilkraft zu besitzen. Deshalb raten viele Ärzte Frauen, die an Krankheiten leiden, schwanger zu werden, um im goldenen Monat die Gelegenheit zu nutzen, diese Krankheit für immer los zu werden.
Wird die Mutter, auch wenn sie generell gesund ist, in dieser Zeit umsorgt und gut behandelt, beugt sie Folgekrankheiten in ihrem späteren Leben vor. Das wichtigste für die Mutter ist es, im goldenen Monat wieder Blut zu bilden. Die Ernährung soll eiweißreich sein und die Säfte fließen lassen, um genug Milch bilden zu können wie zum Beispiel mit Lamm, Linsen, Bohnen, Rosinen, Datteln, Eier, grünes Blattgemüse und Leber. Es ist empfehlenswert, über den Tag verteilt viele kleine als große, zu sehr belastende Portionen zu sich zu nehmen. Zusammenziehende, kalte und saure Nahrungsmittel sind zu vermeiden, da sie die Säfte zurückhalten, so auch die Milch am reichlichen Fließen hindern. Das Stillen sollte gemäß TCM niemals erfolgen, wenn die Frau hungrig ist oder gerade gegessen hat, nicht wenn sie friert oder erkältet ist und auch nicht, wenn ihr zu heiß ist oder sie schwitzt. Fettes, stark gewürztes und schwerverdauliches Essen, wie es auch in roher Form der Fall ist, wirkt sich ungünstig auf die Milchbildung aus. Auch Zorn und Frust lassen den Milchfluss versiegen, weil die Emotionen nach der Lehre der TCM eng mit dem Lebersystem verbunden sind; nur wenn das Leber-Qi frei fließen kann, kommt auch die Milch in der Mutterbrust wieder in Fluss, da blockiertes Leber-Qi in den Meridianen stagniert, die auch durch die Brüste führen. Das Ende des goldenen Monats wird bei den Chinesinnen mit einem rituellen Kräuterbad offiziell beendet. Jetzt ist die Mutter vollkommen genesen und kräftig genug, um sich wieder in den Alltag einzugliedern.
Chinas Familienleben
Die Suche nach dem richtigen Namen für das Baby ist eine besondere Herausforderung, weil der Name einen großen Einfluss auf das Schicksal des Kindes hat. Chinesische Namen enthalten komplizierte Schriftzeichen, und es muss auf die richtige Auswahl und Zusammenstellung der fünf Elemente Rücksicht genommen werden.
Zum Teil werden Experten teuer bezahlt, um den idealen Namen zu finden. Kinder genießen in China eine besondere Stellung und werden verwöhnt. Es ist nicht ungewöhnlich, dass die Kleinen im Bett der Eltern schlafen, oft bis zum 4. Lebensjahr oder manchmal länger. Wenn das nicht der Fall ist, schlafen Eltern und Kinder zumindest im gleichen Zimmer. Ein Kind des Nachts schreien zu lassen, ist in chinesischen Familien nicht üblich.
Väter haben einen starken Bezug zu ihrem Kind, was daher rühren mag, dass viele Jahre lang nur ein Kind pro Familie gesetzlich erlaubt wurde. In einigen Provinzen dürfen Paare ein zweites Kind haben, wenn sie selbst Einzelkinder waren oder dann, wenn das erste Kind ein Mädchen ist. Manche Paare kümmern sich aber gar nicht mehr um diese Gesetze. Voraussetzung für ihre Entscheidung, ein weiteres Kind zu bekommen ist aber ein gewisser Reichtum, um sich ein zweites Kind überhaupt leisten und auch um die hohen Strafen für den Verstoß bezahlen zu können.