In den meisten Geburtssystemen mit traditionellen geburtshilflichen Praktiken ist das aktive Gebärverhalten der Frau sehr wichtig, da es Schmerzen vermindern und die Geburt erleichtern kann.
Mit „aktivem Gebärverhalten“ meinen wir Umhergehen und Bewegen, das Einnehmen von bestimmten Körperstellungen zur Förderung und Erleichterung des Geburtsvorgangs, aber auch das Entspannen und Atmen, entsprechend den Bedürfnissen der Gebärenden.
In den meisten Kulturen wurde in aufrechter Haltung geboren, das heißt in kauernder, knieender, stehender oder sitzender Stellung, gestützt von einer Betreuerin oder vom Mann, auf einem Hocker oder auf einem Gebärstuhl, aber auch in der Knieellenbogenlage. In westlichen Geburtssystemen ist das Wissen um die aktive Rolle der Frau bei der Geburt und um ein optimales Gebärverhalten fast verloren gegangen.
Es gibt aber viele andere Gesellschaften, bei denen dieses Wissen noch vorhanden ist und von denen wir vieles gelernt haben. Überall auf der Welt können Frauen während der Geburt umhergehen, sitzen, stehen oder kauern. Sie bewegen sich frei, um die Verarbeitung der Wehen und für die Geburt die bequemste und beste Stellung zu finden. Das alles trägt dazu bei, dass die Geburt für Mutter und Kind leichter und sicherer wird.
Die WHO empfiehlt: „Die Gebärenden sollten während der Wehen und der Entbindung nicht in die Rückenlage gebracht werden. Vielmehr sollten sie ermutigt werden, während der Wehen umherzugehen, und jede Fraumuss frei entscheiden können, welche Stellung sie während der Entbindung einnehmen will.“
Vorteile der bei Bewegungsfreiheit der Gebärenden und vertikaler Gebärhaltung
Mütterliche Kreislaufstörungen treten seltener auf.
Die mütterliche und kindliche Kreislaufsituation wird verbessert.
Die Plazenta wird besser durchblutet.
Die fetale Herzfrequenz wird verbessert.
Eine fetale Mangelversorgung im Zusammenhang mit der venösen Rückflussbehinderung
wird verhindert.
Die Apgar-Werte sind besser.
Die Hormonausschüttung wird begünstigt.
Der Körperkontakt mit helfenden Personenwirkt entspannend auf die Gebärende.
Der Verbrauch von Medikamenten (Wehen-, Entspannungs- und Schmerzmittel)wird verringert.
Die emotionelle Mutter-Kind-Bindung wird durch den sofortigen visuellen Kontakt in aufrechter Haltung unterstützt und gefördert.
Quelle: Liselotte Kuntner — „Die Gebärhaltung der Frau“, Hans Marseille Verlag