Rund um das Thema Hausgeburt ranken sich viele Mythen und Unsicherheiten. Wir sprachen mit der freien Hebamme Regina Zsivkovits und sie hat uns erzählt „worauf es ankommt“ und „was es bringt“.
Wann ist eine Hausgeburt empfehlenswert?
Jede Frau, die zum Zeitpunkt der Geburt gesund ist, kann daheim mit Hilfe einer Hebamme gebären, auch wenn sie Erstgebärende ist. Das Einzige das zählt ist, dass zum Zeitpunkt der Geburt alles in Ordnung ist. Frauen die Zwillinge erwarten oder deren Kind in Steißlage liegt, können diese/s allerdings nicht zu Hause zur Welt bringen.
Die Rate der Frauen, die die Hausgeburt abbrechen, liegt bei etwa 15 Prozent, meist ist das der Fall, wenn die Geburt einfach zu lange dauert, die Erschöpfung zu groß ist, der Muttermund nur schwer aufgeht.
Welche Vorteile hat eine Hausgeburt?
Es hat auf der einen Seite den großen medizinischen Vorteil, dass die Frau die sehr persönliche und intime Gebärarbeit zu Hause ungestört erleben kann. Man weiß mittlerweile, dass dadurch auch der Geburtsverlauf ungestörter und unkomplizierter ist. Die Frau erhält durch die vertraute Umgebung und die vertrauten Menschen einen großen Schutz, Sicherheit und auch Kraft und kann sich so ganz der Geburt hingeben. Der zweite Vorteil ist, dass wir keine routinemäßigen Eingriffe machen, so bekommt z.B. nicht jede Frau automatisch einen Einlauf. Auch die Wehenabstände dürfen individuell kommen. Wenn die Herztöne schön sind, es der Frau gut geht und der Geburtsverlauf in einem Rahmen ist, der mir als Hebamme normal erscheint, bekommt die Gebärende die Zeit, die sie individuell braucht.
Wie läuft eine Hausgeburt ab?
Ab dem Zeitpunkt zu dem sich die Frau bei mir meldet, bin ich für sie zuständig. Ich besuche sie im Schnitt zwischen vier und sieben Mal in der Schwangerschaft und lerne die Frau, ihren Partner und den Ort der Geburt schon sehr genau kennen. Ab drei Wochen vor dem Termin bin ich Tag und Nacht auf Bereitschaft. Die Frau kann mich anrufen – wenn sie einen Blasensprung hat, wenn sie die Wehen bekommt, oder sich einfach nicht auskennt ob es nun
los geht. Je nach Situation fahre ich dann gleich los oder erkläre telefonisch wie die Sache steht.
Wenn die Gebärende möchte, dass ich schon bei ihr bin, auch wenn die Geburt noch nicht eindeutig losgeht, so komme ich selbstverständlich sofort. An Ort und Stelle erkenne ich dann, wie ich gebraucht werde. Ob die Gebärende fachlichen Beistand, körperliche Nähe, oder einfach das Wissen benötigt, dass ich im Nebenzimmer sitze, wenn sie z. B. noch lieber mit ihrem Mann alleine sein möchte. Das ist ganz individuell.
Beim Geburtsvorgang wird die Nähe zwischen Gebärender und Hebamme natürlich immer stärker, da sich die Frau auf mich verlassen kann und muss. Für die Geburt selbst mache ich zwar Vorschläge, in welcher Position es günstig wäre, aber die eigentliche Entscheidung überlasse ich der Frau. Ist das Kind auf der Welt, gebe ich ihm erst mal Wärme, lasse die Nabelschnur auspulsieren, lege es zur Mutter und achte ganz einfach, dass es der Familie gut geht. Nach der Geburt bleibe ich noch mindestens drei Stunden, wenn es nötig ist auch länger. Während der Zeit des Wochenbetts komme ich in der ersten Woche jeden Tag, in der zweiten Woche je nach Bedarf.
Muss die Wohnung speziell ausgestattet sein ?
Nein. Frauen können dort, wo sie wohnen, auch gebären. Wir machen Hausgeburten sowohl in Einzimmerwohnungen als auch in eleganten Villen. Die Frauen besorgen sich vor der Geburt Einmalunterlagen aus dem Sanitätsgeschäft, Plastikfolie für das Bett und den Boden und ein paar Leintücher. Nach der Geburt räumt die Hebamme blutige Wäsche weg, macht das Bett neu und entsorgt gebrauchte Unterlagen, das ist immer sehr schnell erledigt.
Ich werde oft gefragt ob’s zu Hause nicht unhygienisch sei. Ganz im Gegenteil, zu Hause ist die Frau und auch das Kind sehr gut geschützt, weil die Keime dem Körper der Frau bekannt sind und sich ihre Immunabwehr dem angepasst hat. Es brauchen daher auch keine Desinfektionsmaßnahmen ergriffen werden.
Wie erleben Geschwister die Hausgeburt?
Ob und wie sie die Kinder integrieren will, darüber rede ich schon in der Schwangerschaft viel mit der Frau und ihrem Partner. Denn das ist sehr unterschiedlich. Wenn die Frau die Kinder nicht dabeihaben will, wird das so organisiert, dass diese beim Beginn der Wehen von
einer guten Bekannten oder einem Familienmitglied abgeholt werden und wieder gebracht werden können, wenn das Baby da ist. Andere Frauen wollen es ihren Kindern ermöglichen, dabei zu sein. Dann kommt zum Zeitpunkt der Geburt eine zusätzliche Betreuungsperson
aus ihrem Freundes- oder Familienkreis, die sich um die Kinder kümmert. Anders machen wir es auch gar nicht! Ob die Gebärende dann letztendlich wirklich will, dass die Kinder dabei sind, kann sie ohnehin erst im entscheidenden Moment sagen. Wenn ja, ist das für die Kleinen meist sehr aufregend – aber kaum schockierend. Wichtig ist nur, dass sie die Möglichkeit haben, viel darüber zu reden – je älter sie sind, desto mehr. Ganz kleine Kinder mit ein, zwei Jahren verarbeiten das Erlebnis am besten, da sie den Geburtsakt stärker auf der emotionalen und weniger auf der Verstandsebene aufnehmen. Aber sie brauchen immer eine Betreuungsperson! Viele Kinder verschlafen aber die Geburt des Geschwisterchens ganz einfach.
Wieviel kostet eine Hausgeburt?
Hebammen ohne Kassenvertrag verlangen für die gesamte Betreuung – Schwangerschaft, Geburt, Bereitschaft und Wochenbett zwischen 1.600,– und 1.800,– Euro davon bekommt die Frau 900,– bis 1.000,– Euro von der Krankenkasse zurückerstattet. Internationale Studien besagen, dass die betreute Hausgeburt eine gleich sichere Variante des Gebärens ist wie im Spital, allerdings bei einer größeren Zufriedenheit der Frau…