Märchen zum Mutmachen und Mitmachen
Das kindliche Selbstvertrauen stärken“ möchte die Wiener Geschichtenerzählerin Birgit Lehner mit ihrem Märchen-Programm „Helden, Helfer, Hindernisse“. „Der Titel beschreibt eigentlich typische Elemente eines Märchens“, erläutert Lehner: „Der oder die Protagonist/in muss eine schwierige Aufgabe bewältigen, erhält dabei oft hilfreiche Unterstützung, und wird dadurch zum Helden bzw. zur Heldin.“
Dabei seien es im Märchen typischerweise die Außenseiter und scheinbaren Verlierer – „der oder die Jüngste, Schwächste, Dümmste oder Hässlichste“ – die sich im Verlauf der Erzählung als die letztlich Erfolgreichen erwiesen. „Diese Geschichten helfen Kindern, mit ihren Ängsten umzugehen und sich etwas zuzutrauen“, so Lehner.
Sie stellt in ihrem Erzählprogramm gezielt das Helden-Klischee vom kraftstrotzenden Riesen in Frage. „In diesen Märchen wird deutlich, dass ganz andere Qualitäten wichtig sein können, um sein Ziel zu erreichen. Zum Beispiel, dass man sich traut, an seine Träume zu glauben oder für seine Rechte einzutreten. Oder dass man anderen in der Not hilft – und dafür umgekehrt unterstützt wird, wenn man einmal selbst Hilfe benötigt.“ Diese Botschaften würden freilich subtil und mit Humor vermittelt, betont Lehner. „Auch Kinder mögen keine Holzhammer-Moral.“
Ihr Programm aus „Märchen zum Mutmachen und Mitmachen“ richtet sich an Kinder ab fünf Jahren. Je nach Zusammensetzung des Publikums wählt Lehner dann aus, welche Geschichten sie letztlich erzählt. „Wenn eine Geschichte gut ist und gut erzählt wird, unterhält sie auch Erwachsene “, weiß die ausgebildete Schauspielerin, die für ihren dramatischen Vortragsstil bekannt ist. Kinder hätten allerdings altersgemäße Vorlieben. „Die Kleinsten etwa lieben Geschichten mit Wiederholungen, bei denen sie mitsprechen oder gestische Elemente mitmachen können.“ Bei größeren Kindern setzt Lehner mehr auf Spannungsaufbau und Überraschungen. „In jedem Fall werden die ZuhörerInnen aktiv eingebunden, sei es durch Fragen und den Dialog mit der Erzählerin oder durch gestalterisches Mitwirken.“
Wie positiv sich das Märchenerzählen generell auf Kinder auswirkt, hat Lehner vor allem beim Schulprojekt „Freiraum Erzählen“ erlebt: Drei Jahre lang hat sie jede Woche in Wiener Volksschulen für erste und zweite Klassen mit stark migrantischem Hintergrund erzählt. „Die LehrerInnen waren begeistert. Die Kinder konnten sich im Lauf des Schuljahres unter anderem besser und länger konzentrieren, sie konnten sich besser ausdrücken. Ja, sie haben von sich aus angefangen, eigene Geschichten zu erfinden und zu erzählen, in denen sie natürlich auch ihre eigenen Befindlichkeiten verarbeitet haben“, so Lehner über das Pilotprojekt der Wiener Brunnenpassage, die 2011 mit dem Österreichischen Integrationspreis ausgezeichnet wurde.
„Das Geschichtenerzählen hat oft einen geradezu therapeutischen Einfluss auf die Psyche – nicht nur bei Kindern“, glaubt Lehner, die auch für Erwachsene erzählt. Im Unterschied zum Fernsehen oder Kino werde das Publikum beim Zuhören nicht mit fremden Bildern und Sinnesreizen überschwemmt. „Beim mündlichen Erzählen entstehen in der Fantasie eigene innere Bilder, die uns mit unserem Unterbewussten in Kontakt bringen. Das ist ein schöpferischer und heilsamer Prozess.“ Die Zuhörer würden außerdem dazu angeregt, die gehörten Geschichten weiter zu erzählen. „Eltern und Lehrer sind immer wieder überrascht darüber, was ihre Sprösslinge alles behalten haben. Eine gute Geschichte ist ein Geschenk, das man immer weiterschenken kann. Und die Erfahrung, etwas zu sagen zu haben, selbst zum Erzähler oder zur Erzählerin werden zu können, gibt dem Selbstbewusstsein von Kindern enormen Auftrieb.“
Zu hören ist Birgit Lehner auf Festivals wie den wienXtra Märchentagen im Wiener Rathaus. Außerdem kann man sie für Auftritte in Schulen, Jungendzentren, Bibliotheken oder private Veranstaltungen buchen. Öffentliche Termine und weitere Informationen finden sich auf ihrer Webseite www.birgit-lehner.com.